„Es ist Zeit aufzustehen,“ zärtlich leise kamen die Worte meines Weibes zu mir herüber, während das sanfte Streicheln an meiner Schulter mich aus dem Schlaf in die Wachheit begleitete. „Unser Ränzlein ist gepackt. Bald geht die Sonne auf.“ Wir nahmen noch ein kleines Mahl zu uns und verstauten dann unsere Siebensachen auf dem Karren. Unser Ziel war der Ort, an dem um das Jahr 800 alles begann. Die Stadt, von der aus Karl der Große das Reich regierte, welches von 962 bis 1806 unter dem Namen Heiliges römische Reich (deutscher Nation) in die Geschichte einging, Aachen.
Unsere Reise verlief ohne erwähnenswerte Zwischenfälle. Die Herberge, die uns angeboten wurde lag direkt an der Grenze der Stadt, so dass ein kleiner Fußmarsch, von weniger als einer Stunde, reichte, vor dem größten und schönsten Bauwerk, welches unsere Augen je gesehen hatten, bewundernd zu erstarren. Ein freundlicher junger Recke bot sich an, gegen einen kleinen Obolus, uns die Geschichte Aachens, Kaiser Karls und des Doms zu erzählen:
„Schon im alten Rom war Aachen aufgrund seiner heißen Quellen bekannt. Die Römer bauten dort eine Siedlung, mit Badehäusern. Jedoch mit dem Untergang des römischen Reiches geriet der Ort in Vergessenheit. Man sagt, dass Karl der Große Aachen zu seiner Pfalz (Palast) erkoren hatte, weil die schwefelhaltigen, heißen Quellen seinem mittlerweile gut 45 Jahren alten Körper Linderung bei Alterskrankheiten wie der Gicht verschafften. Der gläubige, gottesfürchtige Regent begann um 794 mit dem Bau der Aachener Pfalzkapelle, die gegen 803 fertiggestellt wurde. Die besten Baumeister seines riesigen Reiches verbauten nur die erlesensten Materialien, welche, da Aachen an keinem Fluss liegt, wohl mit Ochsenkarren angeliefert werden mussten. Dafür mussten Strassen gebaut werden, und die vielen Hundert helfenden Hände mussten versorgt werden…“
Jetzt standen wir in diesem imposanten Gebäude, welches bei seiner Fertigstellung das Größte westlich der Alpen war. Das Herzstück, das Octogon, erstrahlte in seinem Inneren Glanz von ca 25 Millionen Mosaiksteinchen, welche alle von Hand in die Kuppel geklebt wurden, leuchtete und glitzerte als würden tausende von kleinen Lichtern die Kapelle erhellen. Ich kann mir schwer vorstellen, wie das Lichterspiel an großen Fest- und Feiertagen erscheinen würde, wenn die 48 Kerzen des Barbarossa- Leuchters, der ein Abbild des himmlischen Jerusalems darstellen soll, brennen.
1200 Jahre ist es her, dass die Kapelle eingeweiht wurde. Einiges hat sich an dem Dom währenddessen geändert. Viele Erweiterungs- und Renovierungsarbeiten haben dem Dom den Stempel ihrer Zeit aufgedrückt. Das ist der Grund, dass der Dom 1978 als erstes deutsches Denkmal in die UNESCO-Liste als Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Unzählige kostbare Sehenswürdigkeiten sind ebenfalls zu bestaunen:
Der Kaiserstuhl. Auf dem bis in das Jahr 1500 alle deutschen Könige gekrönt wurden. Er soll der Legende nach aus Bodenplatten der Grabeskirche in Jerusalem gefertigt sein.
Der riesige Krönungssaal, welcher nur 200 Meter entfernt erbaut wurde, in dem mehrtägige Feiern zu Ehren der neu gekrönten Könige abgehalten wurden. Heute wird er noch genutzt um den alljährlichen Feierlichkeiten zur Verleihung des Karlspreis zu Aachen ein besonderes Ambiente zu bieten.
Die Schatzkammer, prall gefüllt mit Kostbarkeiten aus aller Herren Ländern…
Drei Tage, so dachten wir, würden wohl reichen diese geschichtsträchtige Stätte zu entdecken, aber wir hätten noch einige Zeit länger hier verweilen können. Immerhin haben wir jetzt einen Grund diesen besonderen Ort ein weiteres Mal zu besuchen.
Vielleicht treffen wir dort ja den Einen oder Anderen von Euch…